Moment wie ’89

Wer im Osten das sogenannte Wendejahr ’89 erlebt hat, dürfte sehr schnell auf die Parallelen zum Geschehen in der vergangenen Woche (KW 8 2022) stoßen.

All meine damaligen Empfindungen und aufgewühlten Gefühle sind wieder da! Eine Ordnung, die nicht in Ordnung war, bricht zusammen! Warum? Weil sich die Gesellschaft (vorrangig Politik und Medien) ein Gerüst, oder besser Netzwerk, aus Lügen, Verschleierung, Täuschung und Betäubung aufgebaut hat.

Am 24.02.2022 wurden die faulen Fundamente dieser Ordnung zerstört. Der Einmarsch der russischen Streitmacht in die Ukraine machen dies unübersehbar. Am Sonntag, den 27.02.22, erlebte das deutsche Parlament daraus folgend den „Schabowski“-Moment: Irritiert, verwirrt sowie kopf- und vor allem machtlos drehte sich der Wind. Der Bürger reibt sich die Augen!

Die Begleiterscheinungen sind wie damals: Wendehälse aller Orten, manche als Wendehals 2.0! In MV ist dies sehr ausgeprägt zu besichtigen. Sie sind gleichwohl im ganzen Land verteilt.

Aber, es gibt auch die ehrliche Hilfe, Anteilnahme und Unterstützung. Die Aufnahme der ukrainischen Bürger in den Nachbarstaaten und die Bereitschaft, für sie zu sorgen, ist überwältigend! Sehr beeindruckend sind auch die weltweiten Maßnahmen zur Ächtung des Aggressors.

Hätte man dieses Leid nicht vermeiden können? Ich denke schon. In den zurück liegenden Jahren sind wir durch den Konsumrausch eingeschläfert worden. Statt auf die Sicherheit vor Angst und Gewalt zu setzen, wurden lieber Wölfe in Deutschland ausgewildert, die Zerstückelung der gesellschaftlichen Interessen durch Rechtschreib- und Genderreformen voran gebracht. Klimarettung auf dem Papier zelebriert, ohne global erforderliche Wirkung. Es gäbe mehr aufzuzählen. Gleichzeitig wurden die realen Bedrohungen aus der Macht-durch-Angst klein geredet und verharmlost – mit der Konsequenz, dass wir selbst auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

Und jetzt, wo sich ein weiteres Volk von der Angst befreit – wie auch 1989 – ist der Westen überrascht!? Jedenfalls sieht es so aus.

Leider wird sich, zumindest kurzfristig, das 89-Szenario in seinem Ergebnis nicht wiederholen. Tod und Gewalt sind mitten in Europa und der Ausgang unklar. Ich wünsche mir, dass Verantwortung und Vernunft für Freiheit und Frieden die Oberhand gewinnen und dass sich die ukrainischen Freiheitskämpfer letztendlich durchsetzen können.

Ingo Küster, 01.03.2022