Kreativ bleiben

Nun sind fast zwei Jahre mit COVID-19 vergangen, ziemlich viel hat sich geändert. Das kann man nicht kreativ nennen – sondern lebensnotwendig, um nicht „überlebensnotwendig“ zu sagen. Viele Neuerungen haben uns eingezwängt, die individuelle Verantwortung konnte oder sollte nicht belastet werden.

Die Pandemie ist allerdings nicht die einzige Krise, die uns erfasst hat. Es gibt viele Gründe, besorgt zu sein. Andauernde Umweltzerstörung (u. a. Klima!), Polittheater der untersten Schublade, Erosion des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Es seien hier nur die Sprachentstellungen im Zusammenhang mit einer vermeintlichen Diskriminierungsfreiheit der Geschlechter erwähnt, weil es auch dieses Medium tangiert. Die selbsternannten Sprach- und Denkpolizisten setzen sich bewusst über Regeln und Gebräuche hinweg, um ihre Grenzen in der Gesellschaft zu ziehen, mittels scheinmoralischer Begründung, die allerdings auf einer bewussten Umdeutung gebräuchlicher Semantik basiert.

Diesen Missbrauch der deutschsprachigen Kommunikation und Kultur lehnen wir rigoros ab. Leider sind wir mit Benutzung der Sprech- und Schreibweisen durch Menschen im öffentlichen Raum diesen Einflüssen ausgesetzt – mehr oder weniger. Es soll aber nicht kommentarlos hingenommen sein, sondern in dieser Form Protest erhoben werden.

Vor einigen Tagen bin ich auf den Kirchturm von St. Marien gestiegen und habe mir wieder einmal einen Überblick verschafft. Es war schönes Wetter und ordentliche Sicht. Nach 366 Stufen im Turmgemäuer war das Betreten der Gondel wie ein Auftauchen aus dem Untergrund mit gedanklicher Verbindung zur Pandemie.

Projekte für Kreativität unseres Verständnisses sind in den letzten Monaten ausgefallen – mit Ausnahme des persönlichen Blogs von Gisela. Wir hoffen aber, dass sich spätestens im kommenden Frühjahr Möglichkeiten ergeben.

Ingo Küster, September 2021